Kraft - Teil 2 von 2 - Grundlagen zu Trainingsmethoden der Kraft

Kraft - Teil 2 von 2 - Grundlagen zu Trainingsmethoden der Kraft

Krafttraining hat in den letzten Jahren zu Recht einen regelrechten Hype erfahren. Doch was genau passiert mit der Muskulatur durch Krafttraining und welche Methoden und Formen des Trainings gibt es?

 

 

 

 

 

 

 

Anpassungseffekte in der Muskulatur:

Krafttraining führt zu einer Vielzahl von Anpassungseffekten in der Muskulatur. Wichtig zu wissen ist, dass nachfolgend die Prozesse in einer gewissen chronologischen Reihenfolge vonstattengehen, aber auch durch spezielles Training gezielt erreicht werden können:

 

  • Verbesserung der intermuskulären Koordination,

  • Verbesserung der intramuskulären Koordination,

  • Muskelhypertrophie,

  • Muskelhyperplasie,

  • Vermehrung der muskulären Energiedepots und der Energiebereitstellung.

 

Wer mit dem Krafttraining beginnt oder nach längerer Pause wieder anfängt, der wird als erstes seine intermuskuläre Koordination verbessern. Das bedeutet, dass die einzelnen Muskeln lernen, besser zusammenzuarbeiten.1 Schon nach kurzer Zeit kann beispielsweise bei Liegestützen eine höhere Anzahl geschafft werden, da die hauptsächlich beteiligte Muskulatur - Brustmuskeln, Trizeps, vordere Schultermuskulatur - lernt, gleichzeitig und koordiniert die Kraft aufzuwenden. Getreu dem Motto zusammen ist man stärker, kann man bereits nur durch die Verbesserung der intermuskulären Koordination einen Kraftzuwachs verbuchen.

 

Bei der intramuskulären Koordination gilt dasselbe Prinzip, nur mit dem Unterschied, dass nun der Lerneffekt in den einzelnen Muskelfasern stattfindet.2 Dazu muss man wissen, dass jeder einzelne Muskel aus vielen kleinen Bündeln besteht, die wiederum aus einzelnen Fasern bestehen. Durch die Verbesserung der intramuskulären Koordination arbeiten nun die einzelnen Fasern besser zueinander abgestimmt und führen dadurch zu einem weiteren Kraftzuwachs.

 

Erst nach mehreren regelmäßigen Krafttrainingseinheiten setzt der Prozess ein, den sich die meisten wünschen: das Wachstum der Dicke der Muskulatur, die sogenannte Muskelhypertrophie. Dabei gewinnt jede einzelne Muskelfaser an Dicke (Vergrößerung des Querschnitts).3 Durch diese Verdickung werden die Fasern widerstandsfähiger und können mehr Leistung vollbringen.

 

In manchen Extremfällen, beispielsweise bei extensivem Bodybuilding, kann auch eine sogenannte Hyperplasie einsetzen. Dies bedeutet, dass im Gegensatz zur Hypertrophie nicht die einzelnen Fasern an Dicke zunehmen, sondern, dass weitere Muskelfasern entstehen.4 Für die allermeisten Freizeit- aber auch Leistungssportler ist dieser Prozess aber nicht relevant.

 

Weiterhin kann ein Kraftzuwachs erreicht werden, indem der Körper die Energiebereitstellung im Muskel verbessert.5 Der menschliche Körper speichert nämlich Energie nicht nur zentral - zum Beispiel als Hüftgold - sondern jeder einzelne Muskel hat auch seinen eigenen Energiespeicher. Durch Krafttraining wird einerseits die Kapazität des Speichers erhöht als auch die schnelle Regeneration dessen. Dadurch kann der Muskel schneller und länger mit Energie versorgt werden und somit mehr Leistung bringen.

Fitnesslexikon_Kraft_Teil_2

 

 

 

Methoden des Krafttrainings:

Kraft in all ihren Ausprägungen kann mit verschiedenen Methoden trainiert werden. Man unterscheidet dabei dynamische Krafttrainingsmethoden, statische Krafttrainingsmethoden und statisch-dynamische Mischformen.6 An dieser Stelle folgt nun eine Übersicht der verschiedenen Methoden und nachfolgend werden die wichtigsten noch kurz näher beschrieben.

 

Positiv-dynamische Methode (konzentrisch): Bei der konzentrischen Methode muss ein Widerstand überwunden werden. Dabei verkürzt der trainierende Muskel und zieht sich zusammen.7 Diese Methode ist die am meisten angewandte. Sehr einfach lässt sich der Vorgang beim positiven Bizeps-Curl darstellen. Zu Beginn ist der Bizeps und mit ihm der Oberarm gestreckt. Nun wird das Gewicht durch Verkürzung des Bizeps nach oben bewegt.

 

Negativ-dynamische Methode (exzentrisch): Bei der exzentrischen Methode wird einem Widerstand langsam nachgegeben.8 Die Übungsausführung beginnt folglich immer im verkürzten Zustand des Muskels, welcher dann langsam nachgibt und sich streckt. Wiederum der Bizeps-Curl als Beispiel, diesmal in der negativen Ausführung. Die Hantel befindet sich fast auf Schulterhöhe und wird nun langsam dem Widerstand nachgebend nach unten geführt. Der Bizeps und mit ihm der Oberarm streckt sich dadurch.

 

Isokinetisches Training: Diese Spezialform des dynamischen Trainings wurde für Schwimmer erdacht und ist nur mit speziellen Maschinen durchführbar. Während die Bewegungsgeschwindigkeit gleichbleibend ist, erhöht und senkt sich der Widerstand, den es zu überwinden gilt.9

 

Plyometrisches Training: Ebenso eine Spezialform des dynamischen Trainings, welche vor allem zur Verbesserung der Schnell- und der daraus resultierenden Sprungkraft dient. Auf die exzentrische (negative) Phase folgt der plötzliche und abrupte Wechsel zur konzentrischen (positiven) Phase der Bewegung. Dadurch wird einerseits ein Teil der Energie aus der negativen Phase im Muskel gespeichert (somit kann ein höheres Gewicht überwunden werden) und andererseits der sogenannte Dehnungsreflex ausgelöst, der wiederum dafür sorgt, dass bei der anschließenden positiven Phase mehr Muskelfasern aktiviert werden.10 Diese Trainingsmethode ist eine sehr effiziente und effektive Form, jedoch aufgrund der technischen Schwierigkeiten bei der Ausführung nur für Fortgeschrittene geeignet oder durch Überwachung eines Trainers. Ein Beispiel für plyometrisches Training sind Sprünge mit möglichst kurzem Bodenkontakt ohne Zwischenhüpfer.

 

Statische Methode (isometrisch): Beim isometrischen Training ändert sich die Länge des Muskels nicht und bleibt in einem statischen Zustand.11 Die Spannung auf den Muskel ändert sich dennoch entweder durch die Erhöhung des Drucks oder durch die Dauer der Übung. Bei der maximalen Isometrie (starker Druck) wird gegen einen festen Widerstand maximal möglichst agiert.12 Beispielsweise steht man vor einer Hauswand und versucht diese wegzudrücken. Bei der totalen Isometrie reizt man die Dauer der statischen Übung, beispielsweise ein Gewicht möglichst lange halten, bis zur Ermüdung aus.13 In der Trainingspraxis bedient man sich aber meist keiner dieser beiden Extremvarianten, sondern wählt eine gewisse statische Position aus und hält diese eine vorgegebene Zeit. Zum Beispiel eine Minute verharren im Unterarmstütz, auch Plank genannt.

 

 

Resüme: Der Kraftzuwachs durch Training geschieht nicht nur durch das Dickenwachstum der Muskulatur, sondern auch durch verschiedene Anpassungseffekte des Muskels selbst beziehungsweise durch Verbesserung des Zusammenspiels aller beteiligten Muskeln. Um den Muskel zu trainieren gibt es verschiedene Methoden. Die gängigste und für Anfänger am besten geeignete ist die positiv-dynamische. Eine gute Ergänzung bilden die negativ-dynamische und das statische Training. Fortgeschrittene können ihre Schnellkraft mit plyometrischem Training verbessern.

 

 

Praxistipp: Such' Dir eine Übung aus - beispielsweise flaches Bankdrücken mit der Langhantel - und probiere aus, wie groß der Gewichtsunterschied sein kann zwischen positiv-dynamischen, negativ-dynamischen und statischer Ausführung. Wichtig ist logischerweise, dass man einen Trainingspartner als Hilfestellung zur Seite hat, denn sowohl das negativ-dynamische als auch das statische Training geht bis an die Grenze der Muskelermüdung.

 

 

Huiuiui das waren viele

Termini und Trainingsstile.

Doch bist Du jetzt gut gewappnet,

nicht mehr gilt: „Das Training klappt net!“

 

Iso-dingsda, plyo-dasda,

Du nun weißt es, macht mal Platz da!“

Entgegen dem Pumperklischee Du wirkst,

viel Wissen über Kraft nun in Dir birgst.

 

Probier' sie aus, die Trainingsmethoden,

ob Wände drücken oder Stütz am Boden,

ob Hanteln wuchten oder klug nachgeben,

lass' die Muskeln heftig beben!

 

 

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Keywords: Anpassungseffekt, intermuskulär, intramuskulär, Koordination, Hypertrophie, Hyperplasie, Krafttraining, Methoden, auxotonisch, konzentrisch, exzentrisch, isometrisch.

 

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© sportpraline.com GmbH 2017 - L. Fitz

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1WEINECK / WEINECK 2008, S. 128

2WEINECK / WEINECK 2008, S. 129

3MIEßNER 2004, S. 27 und S. 29

4WEINECK / WEINECK 2008, S. 130

5WEINECK / WEINECK 2008, S. 131

6WEINECK / WEINECK 2008, S. 138

7MIEßNER 2004, S. 20

8MIEßNER 2004, S. 20

9MÜHLFRIEDEL 1994, S. 79

10WEINECK / WEINECK 2008, S. 142

11MIEßNER 2004, S. 21

12WEINECK / WEINECK 2008, S. 144

13WEINECK / WEINECK 2008, S. 144